Jenny Högström: Gesang als Therapie

Jenny Högström kam 1986 in Luleå in Schweden mit einem Truncus Arteriosus Communis zur Welt – ihre Aorta und Pulmonalarterie waren nicht getrennt und die Herzklappe nicht funktional. Als Jenny sechs Monate alt war, wurde ihr Herz repariert. Mit zwölf Jahren bekam sie wieder eine neue Klappe, die ihrer Körpergrösse entsprach. Heute ist Jenny 33 Jahre alt, und seit ihrem zwölften Lebensjahr ist keine Operation mehr notwendig gewesen. 

Als Kind machte Jenny Sport wie alle anderen auch, spielte Fussball, ging schwimmen. Der Herzfehler spielte dabei nie eine grosse Rolle. Jährliche Check-Ups und eine Narbe auf der Brust – das unterschied sie von anderen Kindern. Aber sie hatte nie das Gefühl, etwas nicht machen zu können oder zu dürfen was sie tun wollte.

Mit 16 Jahren entschied sich Jenny, professionelle Sängerin zu werden. Nach mehreren Jahren Gesangsausbildung zog es sie in die Schweiz an die Schola Cantorum in Basel, wo sie ihr Gesangsstudium 2012 mit Auszeichnung absolvierte. Wenn man als Sängerin teilweise körperliche Höchstleistungen vollbringen muss, kam Jenny manchmal an ihre Grenzen. Aber das lag nicht am Herzen, sondern an der Nervosität und am Lampenfieber.

Dass Jenny 2017 an einer Myokarditis erkrankte, lag auch nicht am Herzklappenfehler, denn eine solche Herzmuskelentzündung kann auch bei völlig gesunden Menschen vorkommen. Doch die Komplikation brachte sie mit Dr. Daniel Tobler in Basel zusammen. Ihm fiel auf, wie ausserordentlich gut Jennys Konstitution war. Im Gespräch versuchten sie, Gründe dafür zu finden. War es möglich, dass das am Singen lag? Dass die Atemübungen und das Fitnesstraining Jennys Herzen halfen, gesünder zu sein?

Gemeinsam hoben sie das Projekt Herzchor aus der Taufe: Geleitet von Jenny Högström bereiteten sich Betroffene mit Herzfehler während zwölf Wochen auf ein Chorkonzert vor. Jede Probe begann mit Atemübungen aus der Welt des professionellen Gesangs. Die Sängerinnen und Sänger wurden getestet und ihre Resultate überprüft. Gleichzeitig wurden auch Betroffene überprüft, die nicht im Chor teilnahmen. Der Vergleich war frappant: Bereits nach kurzer Zeit war bei den Sängern im Chor eine merkliche Besserung verschiedener Werte messbar. Doch nicht nur das, denn ganz abgesehen von der gesundheitlichen Verbesserung machte das Projekt allen Beteiligten eine Menge Spass.

So positiv waren die Erfahrungen mit dem Herzchor, dass es nicht bei der Pilotstudie geblieben ist. Der Chor bleibt weiter bestehen, und zwar als dauerhafte Institution. Jenny Högström übernimmt weiterhin die Leitung. Und das nächste Konzert ist bereits in Planung.